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Wie begreifen wir Geld, das nicht mehr greifbar ist?

 

Bachelorarbeit 2021
Michelle Löffelholz

Visuelle Kommunikation |
Hochschule Hannover

 

 

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„Je digitaler, virtueller und dadurch sensorisch ärmer die Welt wird, desto mehr sehnen sich Menschen nach realen Erfahrungen und echtem Erleben.“

–John Naisbitt, 1982–

Bezahlen gestern, heute, morgen

 

Wir zahlen heute sowohl mit Bargeld, Karte als auch digital. Die Digitalisierung macht das Geld abstrakter und komplexer, als es ohnehin schon ist. Wie funktioniert Geld ohne sinnliches Erleben?

Erfahre mehr über die unterschiedlichen Zahlungsmittel:

Bargeld

Materielles Geld in Form von Scheinen und Münzen.

Giralgeld

Immaterielles Geld des bargeldlosen Zahlungsverkehrs der Banken; Guthaben bei einem Kreditinstitut, über das der Inhaber durch Überweisung oder Scheck verfügen kann.

Digitales Geld

Existiert in zwei Zuständen, basierend auf einem kartengestützten System (z.B. Kreditkarte) und basierend auf einem softwaregestützten System (z.B. Paypal).

Kryptowährung

Immaterielle digitale Zahlungsmittel, die auf kryptographischen Werkzeugen wie Blockchains und digitalen Signaturen basieren. Als Zahlungssystem sollen sie unabhängig, verteilt und sicher sein.

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Bargeld vs
Digitales Geld

Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Zahlungsmethoden im Vergleich. Worauf legst Du wert?

Sicherheit

Hacker statt Bankräuber

Was kein physisches Objekt ist, kann auch nicht verloren gehen, zerstört oder entwendet werden. In Zeiten von Cyperkriminaltiät steht dieses Argument auf immer wackeligeren Beinen.

 

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Anonymität

Der transparente Kunde

Bezahlen mit Geld ist ein einfacher Kommunikationsvorgang, der universell verstanden wird. Dabei muss nicht von Interesse sein, woher das Geld stammt und welchen Weg es danach geht. Mit der Elektronisierung und Digitalisierung des Kaufaktes schwindet auch der Raum der scheinbaren Anonymität.

 

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Materialität

Womit bezahlen wir da eigentlich?

Geld als Bezahlmittel hat die Zeit, in der ihm selbst ein substanzieller Eigenwert zugeschrieben wurde, schon länger hinter sich. Spätestens mit der Einführung von Banknoten greift die Idee von der Verknüpfung des Mediumwerts mit einem vorgestellten Materialwert nicht mehr.

 

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Vertrauen

Geld an sich vermag überhaupt nichts

Lediglich der Glaube der Menschen an das, was es bezeichnet, und das Vertrauen darauf, dass alle der Glaubensgemeinschaft „Geld“ treu bleiben, hält das System aufrecht. Weil alle in Geld rechnen und denken und damit Geldwerte anerkennen, ist Geld etwas wert. Und umgekehrt rechnen und denken Menschen in Geld, weil sie an seinen Wert glauben.

 

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Verfügbarkeit

Geld – Jederzeit und Überall

Jedes Zahlungsmittel benötigt bestimmte Ressourcen. Diese müssen zuverlässig zur Verfügung gestellt werden, damit die Funktion und das Vertrauen in das Geld aufrecht erhalten wird. Damit sind immer auch finanzielle, technische und infrastrukturelle Prozesse verbunden.

 

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Bezahlen mit Geld als allgemeinem ökologischen Medium ist ein einfacher Kommunikations-Vorgang, denn er wird universell verstanden. Auch wenn sich Währungen unterscheiden, und auch wenn der Umgang und die Handelsformen mit Geld regional verschieden sein können, ist doch der Akt des Bezahlens an sich – als kommunikativer Akt – stets und überall auf der Welt verständlich.

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Unsere Gesellschaft wird undurch-schaubarer und unberechenbarer.

Grund hierfür ist die zunehmende Digitalisierung der Welt – denn Computer mit ihrer Welt aus Einsen und Nullen sind für den Menschen nicht intuitiv verstehbar und erzeugen Intransparenz.

Was alles miteinander vernetzt ist, wird für den Menschen unüberschaubar. Digitale Medien dominieren unsere Kommunikation und erzeugen eine neue Stufe der Komplexität.

Wie auch viele andere Lebensbereiche, wird auch das Geld von der Welle der Digitalisierung überrollt.

  • Bar 50 | Digital 50 50% 50%

Hacker – die neuen Bankräuber

Geld, das man in physischer Form bei sich trägt, kann verloren gehen oder geklaut werden. Bei digitalbasierten Zahlungsmitteln bieten hingegen die Banken ihren Kunden die Möglichkeit, Karten schnell zu sperren, sollten diese verloren gehen. Der Verlust des mitgeführten Bargeldes lässt sich hingegen nicht einschränken. Allerdings können digitale Konten, obwohl sie kein physisches Erscheinungsbild besitzen, durch kriminelle Aktivitäten von Hackern bedroht werden.

Bank Run
Bei Giralgeld handelt es sich lediglich um Sichteinlagen bei den Geschäftsbanken und nicht um ein gesetzliches Zahlungsmittel. Es ist ein Versprechen der Banken, das Kontoguthaben jederzeit in Bargeld einzutauschen. Die Einlagen unterliegen damit einem Ausfallrisiko. Solange das Finanzsystem stabil und das Vertrauen in die Banken gegeben ist, stellt die Situation kein Problem dar. Wenn dies aber nicht mehr der Fall ist, wollen die Kunden von ihrem Recht Gebrauch machen, ihre Einlagen in Bargeld umzuwandeln. Dadurch entsteht unter den Bankkunden ein Wettlauf um das knappe Bargeld, ein so genannter „Bank Run“.

Bank Runs sind in einer Welt mit ausschließlich elektronischem Geld nicht mehr möglich. Allerdings bedeutet das für die Kunden bei Insolvenzgefahr einer Bank, dass sie unter Umständen nicht mehr an ihr Geld herankommen.

  • Bar 100 | Digital 0 95% 95%

Der Gläserene Konsument

Bargeld hinterlässt als einziges Zahlungsmittel keine digitalen Spuren. Besonders in der heutigen Zeit, in der die Datenweitergabe und das Tracking der Nutzer im Internet allgegenwärtig sind, ist dies nicht zu vernachlässigen.

Für viele Unternehmen sind persönliche Daten zu einem neuen, effektiven Markt geworden. Bargeld gewährt Privatsphäre und sichert damit Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die Handlungsfreiheit und Meinungsfreiheit ab.

In einer bargeldlosen Gesellschaft wären die Konsumenten sowohl für die Politik als auch für die datensammelnden Unternehmen völlig transparent. Anhand der Einkaufsdaten könnten lückenlose Kundenprofile erstellt werden. Bei vollkommener Transparenz könnten die Konsumgewohnheiten überwacht und staatlich unerwünschter Lebenswandel gegebenenfalls sogar sanktioniert werden.

  • Bar 100 | Digital 0 95% 95%

Tastsinn – unser Wahrheitssinn

Die unauflösbar verflochtene Wechselwirkung zwischen Haptik und Finanzen, ist an uns Menschen immer wieder zu beobachten. Greifbare, materielle Schätze stiften ein Gefühl von Sicherheit und stärken die besondere Beziehung zum Bargeld.

Bereits die Aussicht auf Geld regt das Belohnungssystem des Gehirns an und sorgt für die Ausschüttung von Glückshormonen. Ähnlich wie Kinder, die es lieben, zwischendurch ihr Taschengeld und die Schätze in ihrem Sparschweins zu zählen, haben auch viele Erwachsene Freude daran, Bargeld am Geldautomaten abzuheben. Das Gewicht einer Münze und die Größe einer Banknote in der Hand zu spüren, sorgt für ein Gefühl der emotionalen Zufriedenheit.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass bei dem Bezahlen mit Bargeld die Hemmschwelle, viel Geld auszugeben höher liegt, als bei der Bezahlung mit Karte. Die Karte erhält man nach dem Zahlungsvorgang wieder zurück und es ist physisch nicht spürbar, dass man einen Teil seines Geldes ausgegeben hat. Das Fehlen der Materialität des Geldes, hat also zur Folge, dass uns bei elektronischen und digitalen Zahlungen der emotionale und haptische Anker fehlt.

Mit den Händen entdecken wir unsere Umwelt und lernen sie kennen. Was wir berühren können, begreifen wir schneller und wir erinnern uns besser daran. Wir können uns verhören und versehen, aber nicht verfühlen – der Tastsinn ist unser Wahrheitssinn, er gibt uns Sicherheit.

 

  • Bar 60 | Digital 40 60% 60%

Geprägte Emotionen

Geld schafft universales Vertrauen. Auf der Basis von Geld können zwei Menschen an einem Projekt zusammenarbeiten, ohne einander zu kennen.

Das Vertrauen in das Geldsystem ist ein Geflecht aus rationalen und emotionalen Gründen. Das System funktioniert, weil der Besitzer eines Geldscheines darauf vertraut, dass der Geschäftspartner genau diesen Schein als Geld akzeptiert. Wir vertrauen darauf, dass die Geldscheine auch morgen, übermorgen und in drei Monaten noch etwas wert sind. Damit bewahrt Geld nur so lange seine Funktionsfähigkeit, wie keiner daran zweifelt.

Das Vertrauen wird gestärkt durch die Symbolik und Haptik der Münzen und Banknoten. Wir halten etwas in den Händen, dem wir einen Wert zuschreiben können. Diese physischen Erfahrungen und historisch sowie kulturell geprägt Darstellungen schaffen Vertrauen. Bei dem Geld, das sich auf den Konten der Banken befindet, handelt es sich jedoch nur noch um Zahlen und Zeichen. Das Vertrauen in das Buchgeld der Banken basiert auf dem Versprechen, dass es jederzeit gegen Bargeld eingetauscht werden kann.

  • Bar 30 | Digital 70 30% 30%

Geld – jetzt
und überall

Bargeld ist weitgehend unabhängig von der technischen Infrastruktur und kann immer und überall effizient eingesetzt werden. Ein leerer Handyakku oder ein zusammengebrochenes Netz, stehen einer Bezahlung mit Bargeld nicht im Wege. Somit können mit Bargeld in einem Krisenfall die Grundbedürfnisse wie Nahrung und Energie zumindest vorübergehend gedeckt werden.

Außerdem steht Bargeld jeder Bevölkerungsschicht auf einfachem Wege zur Verfügung und kann überall als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Somit ermöglicht es Personen jedweder Altersgruppe die gesellschaftliche Teilhabe. Auch Kindern oder Menschen, die kein eigenes Girokonto besitzen.

Das Bezahlen mit Bargeld kann außerdem Zeit sparen. Allerdings, wirkt sich auch die Höhe des Zahlungsbetrags auf die Bezahldauer aus. Bis zu einem Zahlungsbetrag von 100 Euro sind Bargeldzahlungen der schnellste Zahlungsweg. Bei Beträgen darüber erweisen sich Kartenzahlungen als schneller. Durch Überweisungen, Lastschriftverfahren oder Online-Zahlungen ist es möglich Zahlungen bequem und schnell von zuhause aus zu tätigen. Dadurch können sich die Konsumenten den Weg zur Bank oder ins Geschäft und damit Zeit sparren. Auch die Bearbeitung der Zahlungen kann schneller durchgeführt werden.

Außerdem stellt die tägliche Ver- und Entsorgung des Marktes mit Bargeld für die zuständigen Institute eine große logistische Herausforderung dar. Zu den Geldtransportkosten kommen die Kosten für die Sicherheitstechnik zum Schutz vor Diebstahl und Fälschung.

Diese Debatte um das Für und Wider des Geldes verdeutlicht eines: Unser Geld befindet sich im Wandel.

Es ändert seine Gestalt, seine institutionelle Struktur und gesellschaftliche Einbettung – und dies hat weitreichende ökonomische, politische und soziale Folgen. Das Geld wird nicht nur virtueller und vielfältiger, sondern auch grenzüberschreitender. Nun ist ein Wandel des Geldes nichts Neues.

Geld verändert sich seit jeher. Dabei trat es auch in jeweils charakteristischer Gestalt in Erscheinung. Geld ist stets an eine solche Gestalt gebunden – selbst elektronische Währungen existieren als Bits und Bytes auf Festplatten und werden auf Monitoren, Kontoauszügen oder Handydisplays sichtbar gemacht. Die jeweiligen Gestalten des Geldes bestimmen so subtil wie wirkmächtig unseren Umgang mit und unsere Vorstellung von Geld.

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